Alena Schröder | Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid

13.04.2021

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dtv München, 2021. eBook ISBN 978-3-423-43886-5; ISBN der gedruckten Ausgabe 978 - 3 423-28273-4.

Warst du ein Nazi, Omi?

Der Doktorandin Hannah ist es bitterernst. Sie wird ihre Großmutter nicht mehr besuchen, wenn sie ihr jetzt nicht endlich die Wahrheit sagt.

Sag es mir, ich will es jetzt wissen. Warst du ein Nazi? Hast du Juden gehasst?

Als Hannah das im Roman fragt, weiß die Leserin bereits viel über die Geschichte von Evelyn, Hannahs Großmutter. Auch über die Geschichte von Senta, Evelyns Mutter, Hannahs Urgroßmutter. Und über die Goldmanns, Itzig und Helene, den jüdischen Kunsthändler und seine mondäne Frau.

Du willst jetzt nichts über die Goldmanns hören, weil du dich schuldig fühlst,

Die Goldmanns waren feine Menschen, die immer gut zu mir gewesen sind. Aber noch mehr mochte ich meine Tante. Die war meine eigentliche Mutter.

Hannah weiß nicht so wirklich, wohin mit ihrem Leben. Stets hat sie das Gefühl, nichts richtig zu machen. Das ist auch jedes Mal so, wenn sie ihre 94jährige Großmutter im äußersten Berliner Westen besucht, wo diese in einer Seniorenresidenz lebt.

Vielleicht liegt es an ihrer unvollständigen Familie. Die Großmutter ist ihre einzige lebende  ansprechbare Verwandte, seit sich ihre Mutter Silvia nach schwerer Erkrankung das Leben genommen hat. Den Vater hatte sie das letzte Mal bei ihrer Einschulung gesehen. Ein bisschen Wärme und Erfolg erhofft sie sich dadurch, dass sie mit ihrem verheirateten Doktorvater schläft.

Ihre Großmutter hatte sich stets über die Familie ausgeschwiegen. Hannahs Ahnung, dass etwas nicht stimmt, wird zur Gewissheit, als sie bei der alten Dame einen Brief aus Israel findet, in dem Hilfe bei einer "Restitutionssache" angeboten wird. Die Großmutter, Dr. Evelyn Borowski, sei die einzige lebende Erbin des konfiszierten und nunmehr verschollenen Kunstvermögens des 1942 deportierten und ermordeten Itzig Goldmann.

Die Autorin erzählt in ihrem Debürtroman nicht nur 100 Jahre Familiengeschichte, sondern selbstverständlich auch 100 Jahre deutsche Geschichte. Sie tut das strikt aus der Sichtweise der Frauen, packend und teilweise schmerzhaft genau. Es ist in Teilen die Geschichte ihrer eigenen Familie. Es geht um Beutekunst, es geht um Mütter, es geht um Täter*innen, es geht um Opfer, es geht sehr nahe.

Ich kann gar nicht anders als eine einzige Empfehlung zu geben:

Lesen!


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