Der Tod

13.01.2020

Als der gewesene Gottesmann Gösta Berling seinen Rausch ausgeschlafen hat und das ganze Ausmaß der Schande in sein Bewusstsein kommt, sitzt er über sich selbst zu Gericht. Und es kann in diesem Winter 1820 in Schweden nur eine Strafe geben: Reinweißer Tod. Tod im Schnee. Gösta Berling hat fertig.

Denkt er.

Plötzlich steht sie da. Hochgewachsen, grobknochig, gebieterisch. Rußige Hände. Tonpfeife im Mund. Kurzer, ungefütterter Schafspelz. Gestreiftes Kleid. Nägelbeschlagene Schuhe. Dolchmesser im Gürtel. Schönes altes Gesicht, von grauem Haar umrahmt.

Die Majorin auf Ekeby.

Sie war die mächtigste Frau im "Wermland". Herrin von sieben Gütern und Eisenwerken.

Gewohnt, zu befehlen, gewohnt, dass ihr gehorcht wurde.

Er kennt sie, sie kennt ihn:

Ist Er nicht Gösta Berling, der verrückte Pfarrer?

Er fürchtete sich vor ihrer Kraft. Und er war doch so nahe daran gewesen, den Frieden der ewigen Wälder zu erreichen.

Sie sieht, dass er schon tot ist:

Ich sehe, dass Sein Kopf ein Totenschädel ist, und ich sehe, wie die Würmer aus Seinen Augen herauskriechen. Er hat sich in Branntwein ertränkt.

Sie sieht das, weil sie selber tot ist, eigentlich. Auch sie musste ein altes Leben ablegen. 

Zunächst aber hat sie dafür gesorgt, dass der Pfarrerstochter Mehl, Mehlsack und Schlitten ersetzt wurden. So dass dieses Kind wenigstens lebt - bei all dem Tod rundherum.


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