Die Frau Musika

26.01.2020


Meine bisher liebste Geschichte aus GÖSTA BERLING ist diese, die ich hier sehr kurz zusammenfasse.

Nach all seinen schlimmen Erfahrungen mit den Frauen ist Gösta Berling niedergeschlagen, traurig, depressiv. Die Kavaliere können das nur schlecht ertragen

Deshalb ließen sie an einem Juliabend die Türen und Fenster des Großen Saals weit aufmachen, Sonne und Luft wurden eingelassen; des späten Abends große, rote Sonne und kühle, milde, erfrischende Luft.

(...) das Klavier wurde geöffnet und der verhüllende Tüll von den venezianischen Kronleuchtern entfernt.

Dann werden Notenpulte, Blechinstrumente, Bogen und Geigen in allen Größen hereingebracht, denn die gute Frau Musika ist es, die nun auf Ekeby versuchen soll, Gösta Berling zu trösten.

Frau Musika hat die Oxfordsymphonie des freundlichen Vater Hayden ausgewählt (...).

Alle Kavaliere können spielen - sonst wären sie keine Kavaliere.

Gut geht es, brilliant geht`s.

Aber Gösta Berling

jetzt bricht er mitten im Spiel in Tränen aus. Das Leben, das ganze Leben erscheint ihm unendlich traurig. Er schluchzt zum Herzerbrechen.

Ganz ratlos legen sie die Instrumente aus der Hand.

Aber sie haben noch den alten Lövenborg, den Pianisten, den Beethovenkenner.

Er schleicht sich nun ans Klavier hin (...) befühlt es vorsichtig und fährt mit weicher Hand liebkosend über die Tasten.

Er spielt immer Beethoven.

Aber der Alte wagt sich nie an ein anderes Instrument als an seinen hölzernen Tisch.

Der steht im Kavalierflügel, ein großer, hölzerner Tisch, auf den er eine Klaviatur gemalt und einen Notenständer draufgestellt hat.

Stundenlang kann er davorsitzen und die Finger über die weißen und schwarzen Tasten gleiten lassen.

Nun also ran an das alte Klavier. An das Heiligtum, an das er sich nie herangetraut hat. Er schlägt ein paar Takte an. Bricht dann selbst in Tränen aus.

Es enthält keine klaren, holden Töne, keine lieblichen Träume (...).

Es ist ein altes, klappriges Klavier und weiter nichts.

Da holen sie ihm seinen Tisch. Und er spielt, spielt, spielt!

Im Kopf des Alten erklingen die herrlichsten Töne.

Sein ganzes eigenes Leid vertraut er der aufgemalten Klaviatur an.

So spielte Lövenborg, der arme Mystiker.

Und Gösta?

Zuerst war er ärgerlich über dieses Gaukelspiel. 

aber

Er war unwiderstehlich, der Alte, der dort seinen Beethoven in tiefster Seele genoß.

Plötzlich wird Lövenborg durch ein fröhliches Lachen aus seinen Beethoven-Träumen gerissen.

Das ist Gösta Berlings altes Lachen, sein gutes, freundliches, ansteckendes Lachen.

Der alte Lövenborg ist überglücklich:

Ich habe es ja gewußt, daß Beethoven dir helfen würde! Ruft er aus. Nun bist du wieder gesund!


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