Rheuma und Corona

15.03.2020


Wie gehen die beiden zusammen? Ich weiß es nicht.

Seit knapp drei Wochen nehme ich ein nagelneues Medikament gegen die Rheumatoide Arthritis ein. Es ist gerade erst - seit Februar - in Deutschland zugelassen. Wirkungen und Nebenwirkungen sind entsprechend weitgehend unbekannt. "Muss man alles abwarten", sagte die Rheumaassistentin, die mich betreut. "Wir haben erst ungefähr zwanzig Patienten damit versorgt".

Rheumamittel setzen im Allgemeinen bestimmte Anteile des Immunsystem außer Kraft oder regeln es herunter auf Normalmaß. Die Folge: Entzündungen und Schwellungen gehen zurück. Der Nachteil: Der Körper kann sich möglicherweise nicht mehr so gut gegen Erreger von außen zur Wehr setzen.

Nun kommt das Corona-Virus ins Spiel. Haben Patienten mit heruntergesetztem Immunsystem eine höhere Wahrscheinlichkeit, einen schweren Verlauf der Infektion zu erleben?

Muss man abwarten. Jeder Patient reagiert einzigartig.

In Italien, so war gestern zu lesen, wird sogar getestet, ob nicht ganz im Gegenteil bestimmte Rheumamedikamente die Patienten vor besonders schweren Krankheitsverläufen nach der Infektion mit dem Corona-Virus schützen können.

Seit ich Rheumamedikamente bekomme, habe ich nur eine einzige schwerere Virusinfektion durchgemacht. Da war ich in der Reha, und hatte auch gerade ein neues Rheumamittel bekommen. Das Virus dort war auch sehr verbreitungsfreudig aber im Wesentlichen harmlos: Noro-Virus. Ich sag nur: schwallartig. Wer's mal hatte, weiß Bescheid.

Ruckzuck war der gesamte Ort infiziert, nicht nur die Klinik. Nach vier Tagen strenger Isolation (zum Glück hatte ich ein Zimmer mit Balkon)  war ich froh, wieder am Reha-Leben teilnehmen zu können.

Seitdem achte ich noch mehr auf die Handhygiene: Händewaschen. Oft und gründlich - aber ohne dass es zwanghaft wird. Eine weitere Infektion habe ich bis jetzt nicht durchmachen müssen.

Aktuell würde ich mich freuen, wenn wir als Gesellschaft ein paar Lehren aus der Krise ziehen könnten: Gegen die allermeisten Viren gibt es weder eine Behandlung noch ein Medikament. Was wir aber gegen manche Viren tun können, ist uns impfen zu lassen. Das ist kein Trick der Pharmaindustrie oder eine Ärzteverschwörung. Das ist Allgemeinwissen im 21. Jahrhundert!

Und wenn es doch jemanden erwischt hat, dann bitte ein paar Tage zu Hause bleiben. Jede*r ist ersetzbar, insbesondere für eine kurze Krankheitsauszeit. Menschen mit geschwächtem Immunsystem und solche, die sich nicht impfen lassen dürfen, danken das.

Mit meinem Rheuma habe ich gelernt, was es bedeutet, aus dem normalen Leben herauskatapultiert zu werden. Zu krank zum Arbeiten zu sein. Viel Zeit zu Hause verbringen zu müssen. Nicht zuletzt dieser Blog ist ja eine Antwort darauf.

Daran muss man sich wirklich erstmal gewöhnen. Das System herunterfahren. Auf Dinge zu verzichten, die noch Tage vorher das eigene Leben ausgemacht hatten: Das macht unruhig. Das macht unglücklich. Das kann auch Angst machen. Das muss man aushalten lernen.

Nur wenige sind es noch gewohnt, über längere Zeiten ohne äußere Ablenkungen mit sich selbst zurecht zu kommen. 

Vielleicht ist das Corona-Virus auch eine Chance: Unser Leben zu entschleunigen. Eine neue Freiheit, die wichtigen Dinge wichtig und die unwichtigen Dinge unwichtig zu nennen.

Vielleicht werden wir auch wieder eine ausgeschlafenere Gesellschaft und dafür weniger aggressiv.

Ich hab noch Hoffnung, trotz des eigenartigen Wettlaufs um Nudeln und Klopapier, der den Anfang der Krise markierte.


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